Evangelisches Diakonissenhaus Bethlehem

Jahresfest-Predigten

Predigt zum 187. Jahresfest am 19. Oktober 2024

Pfarrer Wolfgang Scharf, Sinzheim

5. Mose 2, (1 – 6) 7


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!


Dann zogen wir wieder in die Wüste auf dem Weg zum Schilfmeer, wie der HERR es mir gesagt hatte, und wanderten lange Zeit um das Gebirge Seir.

Da sprach der HERR zu mir: Lange genug seid ihr um dieses Gebirge gewandert, wendet euch nun nach Norden.

Der HERR, dein Gott, hat dich in all deinem Tun gesegnet; er hat acht gegeben auf deine Wanderung durch diese große Wüste. Vierzig Jahre ist der HERR, dein Gott, nun schon mit dir, nichts hat dir gefehlt.


Liebe Festgemeinde!

Mit dem Text aus dem 5. Buch Mose werden wir mitten hineingenommen in die Geschichte Gottes mit seinem Volk Israel. Es ist die Zeit der Wüstenwanderung. Schon viele Jahre sind die Israeliten unterwegs auf dem Weg ins gelobte, verheißene Land.

Auch unser Werk Bethlehem ist nun schon viele Jahre unterwegs seit seinen Anfängen vor über 187 Jahren.

Am 14. August 1837 öffnete sich die Tür für die ersten zwölf Kinder zur Kleinkinderbewahranstalt im sogenannten Dörfle.
Aus diesen Anfängen entwickelte sich ein großes überregionales Werk mit einer weiten Ausstrahlung, nicht zuletzt durch die Fachschule Bethlehem.

Ich erinnere mich, dass ich im Pfarrdienst immer wieder bei Gesprächen mit Kollegen und Erzieherinnen hörte: ‚ausgebildet in Bethlehem‘. Dies war ein Gütesiegel für die Qualität der Ausbildung – ein Markenname, der weithin bekannt war – und bis heute ist.
„Aus einem kleinen, zarten Pflänzchen ist ein Werk mit wechselvoller Geschichte geworden“, so hast du es, liebe S. Hildegund, in der Festschrift zum 175 jährigen Jubiläum beschrieben.

„Zu der wechselvollen Geschichte Bethlehems gehören Jahre der Expansion und Jahre, in denen wir uns im Loslassen üben mussten.“, so weiter in der Festschrift zu lesen.

40 Jahre waren die Israeliten zu dem Zeitpunkt unterwegs, an dem wir ihnen in unserem heutigen Text begegnen. Höhen und Tiefen hatten sie erlebt, Weisung in den 10 Geboten empfangen, die Erfahrung gemacht, versorgt zu werden, Wasser zum Leben zu erhalten, wo es nötig war. Sie hatten erfahren, dass sie in Situationen, in denen sie sich verlassen wähnten, dennoch von Gott begleitet wurden.

Ich finde es bemerkenswert, wie ihre Situation in diesem Abschnitt aus dem 5. Buch Mose beschrieben wird. „Dann zogen wir wieder in die Wüste auf dem Weg zum Schilfmeer, wie der HERR es mir gesagt hatte, und wanderten lange Zeit um das Gebirge Seir.“ Nach langen Jahren der Wanderung führt sie der Weg wieder zurück in Richtung Schilfmeer. Es ist uns allen klar, dass dies nicht bedeutet: zurück nach Ägypten. Es bedeutet nicht: zurück in die Vergangenheit. Es ist vielmehr eine Erinnerung an die Anfänge des Weges, der die Israeliten bis hierher geführt hatte. Und damit verbunden eine Rückbesinnung auf das Wunder der Hilfe Gottes. Denn mit dem Schilfmeer untrennbar verbunden ist ja diese Grundgeschichte des Volkes Israel, dass Gott es aus der Gefangenschaft, aus der Knechtschaft in Ägypten, geführt und befreit hat.
Diese Hilfe Gottes sollte wieder in den Blick kommen, um Kraft zu erhalten für den weiteren Weg. Der Glaube, das Vertrauen auf Gott, sollte wieder neu gestärkt werden. Die Hoffnung sollte wieder ganz lebendig sein, dass Gott seinen Plan für sein Volk Realität werden lasse. Dass die Menschen wissen: wir müssen nicht allein unseren Weg suchen und finden. Es gibt eine Zukunft, die uns verheißen ist. Gott hat ein Ziel für uns und mit uns.

„Da sprach der HERR: Lange genug seid ihr um dieses Gebirge gewandert, wendet euch nun nach Norden.“

Gleich zweimal ist davon die Rede, dass das Volk um das Gebirge Seir wanderte. Und dies nicht nur kurze Zeit, sondern lange Zeit.
Manchmal geht es uns auch so, dass wir in Aktivitäten befasst sind und in einer Alltagsroutine Dinge routiniert und durchaus auch gut erledigen. Das ist schon viel und auch durchaus befriedigend. Wer wäre nicht zufrieden, wenn es rund läuft? Dieses ‚rund‘ laufen aber kann auch zu einem ‚im Kreis laufen’ werden. Und dies ist nicht das Ziel unseres Lebens. Es ist nicht Ziel des Volkes Israel, das dann auf alle Zeit in der Wüste geblieben wäre, im immerwährenden Wandern um das Gebirge Seir.

Es ist auch nicht Ziel unseres Werkes Bethlehem, dass alles bliebe wie es ist. Aus dem Kreisen ruft Gott heraus. Gott ruft zum Aufbruch in die Zukunft, die seine Zukunft mit seinem Volk und mit uns ist. Gott gibt eine Richtung vor, wohin der Aufbruch gehen soll. Für das Volk Israel geht es in Richtung Norden. In welche Richtung wird unser nächster Aufbruch gehen? Hören und planen, vertrauen und getrost gehen, sind das Gebot nicht nur heute.

Ein ermutigendes Wort gibt Gott seinem Volk mit auf den Weg. „Der HERR, dein Gott, hat dich gesegnet in allen Werken deiner Hände. Er hat dein Wandern durch diese große Wüste auf sein Herz genommen. Vierzig Jahre ist der HERR, dein Gott, bei dir gewesen. An nichts hast du Mangel gehabt.“

Es ist ein bewegendes Wort, das zu Herzen geht und Augen öffnet. Schau hin, sagt dieses Wort, wie Gott dich gesegnet hat. Schau an die Spur des Segens durch die Zeiten hindurch. Dem Volk Israel sagt Gott: vierzig Jahre bin ich bei dir gewesen und du hast keinen Mangel gehabt. Welch ein reicher Segen liegt dann erst auf unserem Werk Bethlehem. Nicht 40 Jahre, sondern vier mal vierzig Jahre und obendrauf noch 27 Jahre.

Wer ihn noch nicht kennt, kann gerne nach dem Gottesdienst und der Nachfeier durch den Garten von Bethlehem dem neuen Geschichtsweg entlanggehen. Dieser Weg gibt anschaulich Auskunft über die Geschichte dieser 187 Jahre.
Wie viele Kinder werden es in diesen Jahren gewesen sein, die durch die Erzieherinnen und Erzieher von Bethlehem geprägt wurden und denen bis heute der Same des Glaubens in die Herzen gelegt wird. Unter uns ist einer, der heute ziemlich sicher nicht anwesend wäre, hätte es nicht die Begegnung mit einer in Bethlehem ausgebildeten Erzieherin in Pforzheim gegeben. Du, lieber Matthias Feil, wurdest durch sie in jungen Jahren geprägt zur Liebe zur Musik – du spielst Orgel und Posaune – und fandest auch den Weg in die Evangelische Kirche und dann auch in den Dienst der Kirche. Danke, dass du den Dienst als Pfarrer der Petrus-Jakobus-Gemeinde übernommen hast.

Wie viele Diakonissen – ihre genaue Zahl ist unbekannt, doch gab es Zeiten in denen etwa 350 Diakonissen zum Werk zählten – haben ihre Berufung in unserem Werk gefunden und gelebt. Es wäre spannend zu hören, welche Wege Sie, aber auch Menschen, die im Geist von Bethlehem ausgebildet und geprägt wurden, gegangen sind. Wie viele Begebenheiten es zu hören gäbe, bei denen Segen weitergegeben wurde und in denen sie als Gesegnete zum Segen für andere wurden.

Gewiss, wir wissen auch um Abschiede von Arbeitsbereichen, Enttäuschungen, etwa durch Betrug und Unterschlagung, die alles andere als einfach waren und sind. Auch diese Zeiten, dieses Wandern, wurde von Gott begleitet. Gerade dieses Wandern durch die Wüste, durch schwere Zeiten, Zeiten wohl auch des Zweifels und der Fragen, hat Gott auf sein Herz genommen.

Mit Gottes Herzen verbunden zu sein: mehr Nähe geht nicht.
Unser Text lädt ein, dies zu bedenken und daran zu denken, was Gott getan hat für unser Werk, für die Menschen in unserem Werk und für alle, die dem Werk verbunden sind, für jeden von uns.

Ein Jahresfest im hohen Alter ist ein guter Anlass, dies in den Blick zu nehmen. In den Rückblick was war, in die Gegenwart dessen, was ist und einen Blick in die Zukunft, die wir noch nicht genau sehen können. Einer Zukunft, die aber unter Gottes Verheißung seiner Begleitung und Leitung, seiner Nähe, seines Zuspruchs und Trostes steht.

So können wir getrosten Glaubens die nächsten Schritte in das neue Jahr von Bethlehem gehen. Dank sei Gott, dass wir um sein Wort wissen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus unserem Herrn und Heiland. Amen.

Coypright Diakonissenhauses Bethlehem, Karlsruhe
Evangelisches Diakonissenhaus Bethlehem, Karlsruhe-Nordweststadt
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